Einsatz für höhere Tarife und bessere Rahmenbedingungen

Der Geschäftsbereich Politik hatte vielfältige Themen im Bereich der Gesundheitspolitik zu bearbeiten. Die Arbeiten orientierten sich an der Prämisse einer fairen Abgeltung der Spitalleistungen sowie besserer Rahmenbedingungen und weniger Regulierung.

Die Inflation erreichte im vergangenen Jahr auch die Schweiz. Im Vergleich etwa mit der Europäischen Union war die Inflationsrate in der Schweiz mit 2,8 Prozent relativ tief. Dennoch spürten viele Haushalte und Unternehmen die Teuerung. Das traf auch auf die Spitäler und Kliniken zu. Im Gegensatz zu Unternehmen, die im freien Markt agieren, können Spitäler ihre Preise jedoch nicht von sich aus anpassen. Diese sind zwischen den Tarifpartnern auszuhandeln. H+ forderte daher für seine Mitglieder eine prospektive Anpassung der Preise an die Teuerung von 5 Prozent, zusammengesetzt aus Teuerung plus Lohnerhöhungen 2022 und 2023. 

H+ war es bewusst, dass sich die Verhandlungen schwierig gestalten würden. Weder das Krankenversicherungsgesetz noch die Tarifverträge sehen automatische Anpassungen der Tarife, d.h. der Baserates und der Taxpunktwerte, vor. Ein erster runder Tisch, zu dem H+ Vertreterinnen und Vertreter der Einkaufsgemeinschaften, der GDK und des BAG eingeladen hatte, verlief ohne konkrete Ergebnisse. Weitere Gespräche sind 2023 vorgesehen. H+ rechnet mit der Unterstützung der Kantone und der GDK. Die Kombination von unterfinanzierten Tarifen und Inflation würde ohne substanzielle Korrekturen zu einem toxischen Mix für die Spitäler werden. In der Folge würden Versorgungssicherheit und Arbeitsfrieden unter Druck geraten. H+ wird sich weiter nach Kräften dafür einsetzen, dass es nicht zu einer solchen Entwicklung kommt.

Kostenbremse-Initiative und indirekter Gegenvorschlag
H+ vertrat wie der Bundesrat die Auffassung, dass die Volksinitiative der Mitte, die Gesundheitskosten allein an die Entwicklung der Gesamtwirtschaft und an den Lohnindex zu koppeln, zu kurz greift. Die Entwicklung der Gesundheitskosten wird durch die medizinische und pflegerische Versorgung der Bevölkerung bestimmt und ist nicht an die Entwicklung der – oft stagnierenden – Löhne oder der Konjunktur gekoppelt.

H+ lehnte aber auch den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates dezidiert ab. Dieser sieht vor, dass der Bundesrat und die Kantone ausgehend vom medizinischen Bedarf einen Prozentsatz für den maximalen Anstieg der Kosten der OKP im Vergleich zum Vorjahr festlegen sollen. Es handelt sich somit um ein Kostenziel, ergo um eine Budgetrestriktion.

Vertreter von H+ nahmen am 12. Januar 2022 an der Anhörung der SGK-NR über die Kostenbremse-Initiative und den indirekten Gegenvorschlag teil und legten dar, dass die Vorlage des Bundesrates eine Abkehr vom regulierten Wettbewerb und die Einführung einer beim Bund zentralisierten, planwirtschaftlichen und rein kostenbasierten Steuerung des Gesundheitswesens bedeuten würde. Ein für schweizerische Verhältnisse derart tiefgreifender Systemwechsel würde die qualitativ hochstehende und innovative Gesundheitsversorgung gefährden, ohne im Gegenzug eine plausible kostendämpfende Wirkung in Aussicht zu stellen. 

In der Folge legte die SGK-NR einen vollständig überarbeiteten indirekten Gegenvorschlag vor, welcher im Verhältnis zum Vorschlag des Bundesrates ausgewogener war. Klar abzulehnen waren aber bis zuletzt Elemente, die dem Bundesrat ausgedehnte Kompetenzen für Eingriffe in Tarifstrukturen und Tarifverträge geben würden. Die Beratung dieses Geschäftes wird H+ auch 2023 sehr eng begleiten. 

Senkung der Labortarife rechtlich nicht haltbar 
Der Bundesrat entschied am 9. Juni 2022, die Tarife für Laboranalysen ab 1. August 2022 um zehn Prozent zu senken, um Einsparungen von jährlich rund 140 Millionen Franken zu erzielen – vor allem zu Lasten der Spitäler und Kliniken. H+ beurteilte diese Kürzung des Labortarifs als eindeutig KVG-widrig. Diesen Entscheid anzufechten war aber einzig auf dem Weg einer inzidenten Normenkontrolle möglich. Der Vorstand von H+ und eine klare Mehrheit der konsultierten Mitglieder der H+ Verbandskonferenz unterstützten dieses rechtliche Vorgehen. Nach Auffassung von H+ können so die Rechtslage bei den Labortarifen, aber auch generell bei Tariffragen anzuwendende Grundsätze gerichtlich geklärt werden. Dies führt letztlich zu einer Stärkung rechtsstaatlicher Normen. Die nächsten Schritte im Jahr 2023 sind bereits geplant.

Faires Benchmarking der Spitäler
Eine vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung der Krankenversicherungsverordnung (KVV) sah vor, dass derjenige Leistungserbringer den Benchmark bildet, dessen Fallkosten dem 25. Perzentil der Fallkosten aller erfasster Leistungserbringer entsprechen. Damit würden alle Einrichtungen, vom Geburtshaus bis zum Universitätsspital, mit dem gleichen Massstab verglichen. H+ lehnte diesen Änderungsvorschlag der KVV entschieden ab, erklärte sich aber bereit, an der Erarbeitung von alternativen Lösungen mitzuwirken. In der Folge fanden Gespräche mit der Verwaltung über alternative Benchmark-Modelle statt. Das BAG legte darauf einen Vorschlag mit einigen positiven Punkten auf den Tisch. So sollen durch exogene Faktoren verursachte Kosten anerkannt und das Benchmarking-Verfahren nicht geregelt, sondern an die Tarifpartner delegiert werden. Es bleiben jedoch noch wichtige Punkte zu korrigieren. H+ wird sich weiter dafür einsetzen, dass im Ergebnis eine zukunftsfähige und faire Benchmarking-Methode gewählt wird.

EFAS: Neuerliche Blockade überwinden
H+ engagierte sich als Mitglied der EFAS-Allianz für den Durchbruch dieser wichtigen Reform. Eine einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) wird die Zukunft einläuten und einen längst erkannten und schwerwiegenden Systemfehler korrigieren. EFAS in Kombination mit dem neuen Tarifsystem, zusammengesetzt aus ambulanten Pauschalen und TARDOC, wird nicht nur eine Angleichung der Finanzierungs-, sondern auch der Tarifierungsregimes des ambulanten und stationären Sektors ermöglichen. Damit wird der Weg frei für effiziente und qualitativ hochstehende Behandlungsprozesse über die Sektorengrenzen hinweg.

In diesem Sinn begrüsste H+ grundsätzlich die Ausdehnung von EFAS auf die Pflege, wie dies der Ständerat in der Wintersession 2022 vorgeschlagen hatte. Es wird sich aber noch weisen müssen, ob dieser Weg für die Versicherer gangbar bleibt. Weil die Kantone darauf bestehen, dass auch sie Rechnungskontrollen durchführen, ist gegenwärtig eine Blockade-Situation zwischen Kantonen und Versicherern entstanden. H+ wird sich 2023 dafür einsetzen, dass diese Blockade überwunden werden kann. Dazu wird der Verband seine Guten Dienste anbieten.

Kontakt

Markus Trutmann
Leiter Geschäftsbereich Politik, Mitglied der Geschäftsleitung